02.10. Erkenntnis des Tages: Google ist fehlbar

Heute ungefähr 23km gelaufen. Die letzten 3km kommen allerdings daher, dass uns Google in die Irre schickte. Eine Tapasbar am Strand, die uns Google Maps anzeigt, existierte leider nicht.. Dafür finden wir ein nettes Restaurant, das eine hervorragende Tortilla macht.

03.10. Erkenntnis des Tages: Portugal war schöner

Es geht weiter nach Pontevedra. Wir sind ca. 18 km gelaufen.

Teilweise direkt an der Nationalstrasse entlang. Die Autos und LKW rasen dicht an einem vorbei. Hape Kerkeling hatte dies in seinem Buch "Ich bin dann mal weg" eindrücklich beschrieben, wenn man aber selber mitbekommt, wie so ein Riesenlaster an einem vorbei jagt, dann ist das ein eindrucksvoller Irrsinn. Es ist klar, dass die LKW und Autos nicht für jeden Pilger bremsen können. Bei der Masse an Pilgern kämen die ja gar nicht mehr zum Fahren. Aber weshalb werden diese Pilgerstrecken auf die Schnellstrasse gelegt? Das war in Portugal deutlich besser gelöst. Auch ist fest zu stellen, dass in Spanien wesentlich mehr Werbetafeln mit Werbung für Pilgerherbergen, Pilgerrestaurants, Pilgermenüs etc. existieren. Spanien ist da deutlich kommerzieller ausgerichtet als Portugal. Für mich sehr irritierend, dass das Pilgern auf dem Jakobsweg letztendlich eine gut organisierte Industrie ist. Auch booking.com hat den Jakobsweg für sich entdeckt und schlägt einem automatisch Unterkünfte auf dem Weg vor, die zum Profil passen. Das Pilgern in Portugal war da deutlich schöner, sicherer und authentischer.

Teilweise direkt an der Schnellstrasse verläuft der Jakobsweg in Spanien

Unterwegs treffen wir Maria, die einen kleinen mobilen Stand aufgebaut hat. Wir versorgen uns mit Bananen, Müsliriegeln und Kaffee. Dabei kommen wir ins Plaudern und Sie möchte Selma mit ihrem Sohn Matteo verkuppeln 😉. 

Man merkt, dass Santiago näher kommt: die Pilgerdichte nimmt extrem zu. Man hat den Eindruck, dass ganze Busladungen unterwegs sind. Für das Pilgerzertifikat reichen die letzten 100 km aus. Daher steigen sehr viele Pilger erst jetzt in den Weg ein.

Das hat Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite ist man nicht allein, andererseits kommt man ins Plaudern. Damit verfliegt die Zeit.

04.10. Erkenntnis des Tages: der Weg ist international

Unter anderem treffen wir Amis, Australier, Kanadier, Franzosen, Schweizer, natürlich auch viele Portugiesen und Spanier. Es sind wohl auch zahlreiche Asiaten (obwohl wir noch keine getroffen haben) unterwegs. Auf dem Weg nach Caldas de Reis laden Kaskaden ideal zum Verweilen ein. Unsere geschundenen Füssen freuen sich über eine kleine Abkühlung.

Rund 23km sind es bis Caldas de Reis. Dort gönnen wir uns ein 4 Sterne Hotel. Mit 60 Euro inkl. Frühstück zwar teurer als die Massenherbergen oder kleinen Pensionen, aber uns erscheint es super günstig. Selma entspannt in einer heißen Badewanne,  während ich ein paar Schwimmzüge im Pool durchziehe bevor ich es mir mit einer kalten Limo und ein paar Chips gut gehen lasse. Am Abend essen wir in einer typischen Taberna direkt am Fluß. Die Gäste bestehen aus einer Mischung zwischen Eimheimischen und Pilgern. Wir sehen ein paar bekannte Gesichter von unterwegs.

05.10. Erkenntnis des Tages: der Hundehimmel liegt direkt auf dem Weg

Als Selma nach dem Aufstehen aus dem Fenster schaut, zählt sie 38 Pilger, die unter unserem Fenster durchlaufen. Viele ohne Gepäck oder nur mit einem kleinen Tagesrucksack: die lassen sich ihren Rucksack von einem Tourguide in die nächste Unterkunft bringen. Für die Story des Tages sorgt Joanna aus Atlanta/Georgia: zum ersten Mal laufen wir mit Pilgern, die ihre Hunde dabei haben. Wir treffen gut und gerne rund 20 Hunde auf dem Weg. Eine Truppe von 4 Spanierinnen hat gleich 7 Hunde dabei. An einem der hier typischen Kornspeicher schauen dann gleich weitere Hunde raus und stecken ihre Köpfe aus den verschiedenen Öffnungen des Kornspeichers. Dahinter befindet sich direkt eine Kirche. Als Joanna gerade in diesem Moment vorbei kommt und das Bild mit den ganzen Hunden sieht, erkennt sie dies als "Hundeparadies": sie hat die Asche ihres kürzlich verstorbenen Beagles Maddox mit aus den USA gebracht, um ihn auf dem Weg bei zu setzen. Als sie das Bild mit Kirche, Kornspeicher und den vielen Hunden sieht, weiss sie, dass sie den richrigen Platz für Maddox gefunden hat. Kurz danach treffen wir Joanna und lauschen erst etwas ungläubig dieser Geschichte. Im weitern Verlauf des Weges erzählt sie uns, welche Bedeutung Maddox in ihrem Leben gespielt hat und dass sie nun den genau richtigen Platz für ihn gefunden habe.

Wir sind begeistert: kleine Lämmchen. Früh am Morgen ist der Energiepegel noch hoch,  gegen Abend läuft der Akku dann merklich in Richtung Grundeis

Da kiekste, wa? Die jute olle Berliner Stulle hat ett sojar bis nach Spananien jeschafft. Die Übersetzung von Snack bzw. Sandwich ist schon originell.😂

Die nächste Station wäre das 20km entfernte Padron, doch wir beschliessen, noch 6km dran zu hängen und schon etwas Weg für unsere letzte Etappe nach Santiago gut zu machen. Dann sind es morgen nur noch rund 20km bis zum Ziel. So bleiben wir auf dem Weg in einer sehr nett aufgemachten Herberge, der Casa da Meixida. Hier kümmern sich Luis uns Isa ganz herzlich um uns. 

Erst einmal gibt es etwas zu trinken und dann bekochen uns die beiden. Da sie mit bekommen, dass Selma vegetarisch isst, kauft Isa extra noch Gemüse ein während sich Luis um unsere Wäsche kümmert. Wir fühlen uns sehr wohl bei den Beiden. Abends sitzen wir dann noch mit zwei Deutschen draussen und quatschen ein wenig.

06.10. Erkenntnis des Tages: 12 Grad und Regen sind gefühlt 12 Grad und nass

Zum Abschied machen uns Isa und Luis noch ein ganz kuschliges Frühstück in ihrem Kaminzimmer. Während draussen die Temperatur von 25° auf 12° gefallen ist und es leicht anfängt zu nieseln, geniessen wir drinnen warmen Kaffee und Tee.

Kurz nach dem Aufbruch legen wir erstmalig auf unserem Tripp die komplette Regensusrüstung an: Regenhose, Regenjacke, Regenschutz für die Rucksäcke. Nachdem der Regen vorbei ist und wir uns nicht sofort wieder umziehen, wissen wir auch, weshalb die anderen alle Ponchos übergezogen haben: die zieht man schneller an und aus, da sie unten offen sind, schwitzt man nicht und die Ponchos decken auch den Spalt zwischen Rücken und Rucksack ab. Wir wollen bei der nächsten Rastmöglichkeit unsere Regensachen ausziehen, da eine solche Möglichkeit nicht sobald kommt, behalten wir die Regensachen zu lange an. Jetzt sind unsere Klamotten dann doch sehr nass: wir haben alles von innen durch geschwitzt.

Das Wetter war die ganze Zeit fantastisch und dass es am letztem Tag regnet, hat auch seine guten Seiten: wir haben die Regensachen nicht zwei Wochen lang umsonst mit uns rum geschleppt und die staubigen Wanderschuhe werden wieder sauber.

Wir zählen die Kilometer runter. Dass wir weniger sls 10km noch vor uns haben, ist ein Foto wert:

Selma will eine Katze!

WIR SIND IN SANTIAGO ANGEKOMMEN!!!

13 Tage Pilgern und rund 270km Strecke liegen hinter uns. Wir sind ziemlich groggy . Aber irgendwie halten wir auch noch durch, anderthalb Stunden in der Schlange im Pilgerbüro an zu stehen, um unseren letzten Pilgerstempel und unsere Compostela zu bekommen. Und auch beim Schlangestehen kommt man ins Gespräch: eine Irin aus Dublin erzählt uns von ihren Erlebnissen auf dem "Camino".